Meine Deutsch-Syrische Kopftuch Identität und mein Friseurbesuch
Und woher kommst du jetzt? Hm, was sage ich jetzt!? Aus Worms meiner Geburtsstadt und genieße danach den unzufriedenen Blick, oder sage ich Syrien, wonach ja die Friseurin wirklich gefragt hat, da es die meisten Menschen nicht interessiert, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Versteht mich nicht falsch, ich bin mindestens genau so neugierig. Jedoch würde ich niemals auf die Idee kommen einer Person, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, zu sagen, dass sie gut Deutsch spricht, oder das sie sich gut integriert hat. Ihre Eltern mussten sich integrieren. Sie kamen aus einem fremden Land, einer fremden Kultur, lernten die deutsche Sprache und zogen ihre Kinder groß. Es ist nicht der Verdienst der Kinder, sondern das der Eltern. Aber kommen wir zurück zum Thema. Tatsächlich vermisse ich die Zeiten, in denen ich noch erklären musste, wo Syrien liegt. Ja! Ich vermisse sogar die Frage, ob ich denn irgendwann „zurück“ wolle. Wie habe ich diese Frage gehasst?! Wohin zurück?! Zu meinen Großeltern, die ich in den Ferien jedes Jahr besucht habe?! Aber wie hätte ich auch ahnen können, dass aus dieser Frage ein: „Ach aus Syrien?! Oh wie schrecklich?! Wie lange seit ihr denn schon hier und seid ihr auch vor dem IS geflüchtet?“ wird?! Dass die meisten Syrer vor dem brutalen Assad-Regime flüchten, muss ich nicht wirklich wieder erwähnen. Oder vielleicht doch?! Denn Sex sells. Pardon! Ich meinte natürlich Islam Sells. Dann hört sich alles gleich viel schlimmer und dramatischer an. Wenn Islamisten steinigen und köpfen,verkauft sich das viel besser, es lässt sich sogar vermarkten. Fassbomben, Giftgas, Belagerung, Hungersnot, Folter, Massaker an Frauen und Kinder?! Alles uninteressant, solange kein (sunnitischer) Vollbart dahinter steckt. Das dieser (IS) Vollbart erst durch Assad entstehen konnte, erwähnt man lieber auch nicht. Aber ich schweife wieder ab. Mein Beitrag sollte ja kein politisches Statement werden, oder etwa doch?!
Kommen wir auf meine Friseurin zurück. (Ja! Ich gehe auch zum Friseur. Immerhin muss mir ja jemand das Kopftuch zurecht schneiden. Nein Spaß, ich meinte natürlich die Haare. Oder habe ich vielleicht doch keine Haare sondern eine Glatze? Das wurde ich tatsächlich auch schon gefragt.) Aber lassen wir meine pinken (?) Haare nun aus dem Spiel und kommen endlich zum Thema zurück. Ja woher komme ich denn nun und was habe ich geantwortet?
Als Kind habe ich mich nie als Deutsche gefühlt und das fing schon im Kindergarten an. Ich war immer die Andere, die Fremde, alles andere, bloß nicht Deutsch. In der Grundschule wurde es mir aber erst so richtig bewusst. Angefangen mit der Frage meines Direktors, ob ich denn schon versprochen sei, bis hin zu „Ich spiel doch nicht mit Araberinnen“ war immer alles dabei, um sich ja nicht deutsch zu fühlen. Dann endlich mit sieben Jahren bin ich zum ersten mal in das Land meiner Vorfahren gereist. Das Land, das immer als Antwort diente, wenn ich denn mal wieder gefragt wurde, woher ich denn komme. Syrien! Mitten in der Nacht landen wir im Flughafen Aleppo an und wurden von einer Schar von Leuten empfangen, die sich meine Großfamilie nannte. Onkel, Tanten, Cousinen, Cousins und wahrscheinlich auch deren Nachbarn und alle wollten sie mich küssen. Es schien also ein nettes Land mit netten (etwas komischen) Leuten zu sein. Warum komisch? Die erste Frage, die mir noch am Flughafen gestellt wurde und die mir auch im Laufe der nächsten sechs Wochen gestellt wurde, war: Wo ist es schöner, in Deutschland oder Syrien? Nachdem ich dann meinen ersten Schock (Plumpsklos) in Syrien einigermaßen verarbeitet hatte, kam schon auch die erste Enttäuschung. Beim Spielen mit meinen Cousins war ich auf einmal das deutsche Mädchen und ich konnte absolut nicht verstehen wieso! Deutsch habe ich mich deswegen trotzdem nicht gefühlt, eher die nächsten Jahre darüber aufgeregt.
Im laufe der Zeit, änderte sich das alles. Mir ist bewusst geworden, dass man einfach beides sein kann. Nicht viele tragen die Eigenschaften aus zwei Nationen in sich. Mal fühle ich mich mehr deutsch und mal mehr syrisch; darüber bin ich inzwischen auch recht froh. Aber bevor ich noch weiter in die Länge gehe, machen wir hier einen Halt.
Kommen wir auf meine Friseurin zurück. (Ja! Ich gehe auch zum Friseur. Immerhin muss mir ja jemand das Kopftuch zurecht schneiden. Nein Spaß, ich meinte natürlich die Haare. Oder habe ich vielleicht doch keine Haare sondern eine Glatze? Das wurde ich tatsächlich auch schon gefragt.) Aber lassen wir meine pinken (?) Haare nun aus dem Spiel und kommen endlich zum Thema zurück. Ja woher komme ich denn nun und was habe ich geantwortet?
Als Kind habe ich mich nie als Deutsche gefühlt und das fing schon im Kindergarten an. Ich war immer die Andere, die Fremde, alles andere, bloß nicht Deutsch. In der Grundschule wurde es mir aber erst so richtig bewusst. Angefangen mit der Frage meines Direktors, ob ich denn schon versprochen sei, bis hin zu „Ich spiel doch nicht mit Araberinnen“ war immer alles dabei, um sich ja nicht deutsch zu fühlen. Dann endlich mit sieben Jahren bin ich zum ersten mal in das Land meiner Vorfahren gereist. Das Land, das immer als Antwort diente, wenn ich denn mal wieder gefragt wurde, woher ich denn komme. Syrien! Mitten in der Nacht landen wir im Flughafen Aleppo an und wurden von einer Schar von Leuten empfangen, die sich meine Großfamilie nannte. Onkel, Tanten, Cousinen, Cousins und wahrscheinlich auch deren Nachbarn und alle wollten sie mich küssen. Es schien also ein nettes Land mit netten (etwas komischen) Leuten zu sein. Warum komisch? Die erste Frage, die mir noch am Flughafen gestellt wurde und die mir auch im Laufe der nächsten sechs Wochen gestellt wurde, war: Wo ist es schöner, in Deutschland oder Syrien? Nachdem ich dann meinen ersten Schock (Plumpsklos) in Syrien einigermaßen verarbeitet hatte, kam schon auch die erste Enttäuschung. Beim Spielen mit meinen Cousins war ich auf einmal das deutsche Mädchen und ich konnte absolut nicht verstehen wieso! Deutsch habe ich mich deswegen trotzdem nicht gefühlt, eher die nächsten Jahre darüber aufgeregt.
Im laufe der Zeit, änderte sich das alles. Mir ist bewusst geworden, dass man einfach beides sein kann. Nicht viele tragen die Eigenschaften aus zwei Nationen in sich. Mal fühle ich mich mehr deutsch und mal mehr syrisch; darüber bin ich inzwischen auch recht froh. Aber bevor ich noch weiter in die Länge gehe, machen wir hier einen Halt.
Woher komme ich also? Aus Worms! Aber du möchtest bestimmt nur wissen woher ich stamme? Aus Syrien! Oder ganz einfach? Ich bin Deutsch-Syrerin!
– Im Spiegel erkenne ich dann, wie sich meine Friseurin etwas verlegen das Lachen verkneift, während sie mir versucht zu erklären, das sie eigentlich nur wissen wollte, woher ich denn gerade komme bzw. wohin ich noch hin will…
Fortsetzung folgt.
Nicht.
Peinliche Momente.
Ja auch ICH habe Vorurteile.
Fortsetzung folgt.
Nicht.
Peinliche Momente.
Ja auch ICH habe Vorurteile.
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Danke für den wirklich guten Beitrag. Ich werde mich hoffentlich daran erinnern, wenn mir die (blöde) Frage, wo kommst du denn her, mal wieder auf den Lippen liegt.
Schöner Beitrag, echt gut geschrieben 😀 Dachte für einige Momente, ob Du grade die Story zu meiner Erkenntnis verfasst hast :,D
Ich bin deutsch bengalische Muslima. Auch ich kann die Schockverarbeitung des Plumpsklos nachvollziehen – nicht zu erwähnen, dass ich drüben als die Deutsche mitspielen durfte 😀 und wo es schöner ist, kann ich auch heute so nicht beantworten. Ich find Barcelona schön 🙂
Schön geschrieben. Witzigerweise werde ich dasselbe gefragt , obwohl ich ja deutsche Konvertitin bin ( Liegt wohl am Kopftuch 🙂 ). Ich antworte dann immer gern im besten Bayrisch : Na aus Bayern 🙂
As salamu alaikum wa rahmatullahi wa barakatu. Hallo. Das ist sehr schön geschrieben und trotzdem muss ich dabei weinen. Mein Mann ist aus Syrien. Ich war sechs mal da. Und habe mich immer wieder neu in das Land verliebt. Das letzte mal ende 2011. Da war es schon kritisch und trotzdem begegnete man mir (Soldaten) sehr nett. Meine kleinere Tochter war da erst 8/9 Monate alt und hat somit keine Erinnerung daran. Leider ist mein Schwiegervati vor einem Jahr verstorben und ihr wurde die Gelegenheit genommen ihren lieben Opi kennenzulernen. Meine größere Tochter (8 Jahre) kennt alles auch. Sie möchte gerne wieder dahin. InshaAllah können wir alle wieder dahin reisen. Mein Herz blutet. Ich bin deutsche aber möchte gerne in Syrien leben. InshaAllah. Zwei meiner Schwager sind in Deutschland. Einer ohne seine Kinder und Frau. Er hat riesiges Heimweh. Ich konnte ihm durch deine Rezepte mehrmals ein Lächeln auf's Gesicht zaubern und ihn glücklich machen. Danke dir. Shukran.
Liebe Huda, du sprichst vielen syrisch-deutschen Mädels aus der Seele. Übrigens, ich bin deshalb auf dein Blog gestoßen, weil ich gerade recherchiere, "was es denn schon alles so an Blogs gibt". Baue mir gerade auch meine Idee und Konzept auf. Schöne Inspiration dein Blog.
danke fürs Gedanken teilen. und hey, du kommst von bei mir um die Ecke (Worms). find ich gerade witzig!
Ein prima Beitrag! Übrigens: Kopftuch trug man in Deutschland bis Ende der 70er Jahre auch. Oder Hut, aber der ist etwas unpraktisch, wenn man bei Windstärke 5 und mit zwei vollen Einkaufstaschen unterwegs ist 😉
Hier in Bayern trägt man Kopftuch auch heute noch zur Arbeit, vor allem in der Landwirtschaft. Es gehört auch zu vielen traditionellen Trachten, z.B. in Schwaben. Und je nach Region gibt es unterschiedliche Arten, das Tuch zu binden. Ich bin zwar keine Muslima, aber seit der Kopftuchdiskussion trag ich grad extra eins (auf südostbayerische Art gebunden) :p
Danke für den tollen Blog und die vielen Rezepte! Könnten wir bitte auch etwas über den Alltag in Syrien erfahren? Zum Beispiel: welche Spiele sind dort bei den Kindern besonders beliebt?
(Ich habe einen syrischen Kollegen, dessen 5jährige Tochter sehr unter dem Kulturschock leidet und sich selbst völlig von der Umwelt isoliert. Wenn ich den anderen Kindern in der Nachbarschaft syrische Spiele beibringe, taut die Kleine vielleicht auf und spielt mit. Vorläufig versuche ich es erstmal mit syrischen und deutschen Kuchen =))
Was haben linke Idioten und rechte Nazis gemeinsam?
– Ihre Liebe zu Assad
Seid mir nicht böse, aber nein ich habe weder die Zeit, Nerven noch Lust eure teilweise unterirdisch, dummen Kommentare auf meinem Blog zu moderieren oder auch nur in geringster weise darauf einzugehen und von daher nun alles gelöscht und wem es nicht passt, der kann gerne Beschwerde einlegen. Wo auch immer, beachtet wird sie jedoch nicht. 😉
„Beschäftige dich lieber mit Rezepten, anstatt mit Politik.“ Andreas K. (Linker Idiot)
Oder
“ Wenigsten gibt es dank Assad weniger Schleiereulen“ Rony B. (Rechter Nazi)
Ich hatte diesen teilweise recht persönlichen Beitrag vor rund einem Jahr geschrieben. Mit dem Kernpunkt der identitären Frage; woher wir kommen und als was wir uns empfinden. Ich habe euch einen kleinen Einblick in mein Leben gewährt und ich bin (als Syrerin) natürlich unausweichlich auf die momentane Lage in Syrien eingegangen. Mir jetzt damit vorwerfen zu wollen, ich hätte dem komplexen Thema nicht den richtigen Ausmaß gewidmet ist einfach falsch. Da wie gesagt, die politische Lage in Syrien nicht das Hauptthema war und zweitens es nichts schön zu reden gibt, wenn es um Assad geht. Es ist, wie es ist. Assad ist ein Massenmörder. Er hat Hunderttausende Menschenleben auf dem Gewissen. Hunderttausende gefangen genommen und Millionen vertrieben. Ein Land zerstört. Die jetzige und sehr wahrscheinlich auch die nächste Generation traumatisiert. Da kann das Schulsystem und die kostenlose Krankenversorgung noch so toll gewesen sein. Das macht weder Assad noch seine Anhänger besser oder irgendwas wieder gut. Ihr unterscheidet euch nicht im geringsten zu den Personen die sagen: “ Ja aber durch Hitler gab es auch positive Aspekte. Wir haben die besten Straßen der Welt.“ Vielen Dank, aber auf diese Straßen hätte ich gern verzichtet.
Also Leute oder besser gesagt liebe Trolle: Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, über was und wie ich blogge. Verzieht euch aus meiner Seite wenn’s euch nicht passt. Mach von mir aus ein Lagerfeuer und tanzt drumherum, aber hört auf mich zu nerven.
Allen anderen einen schönen Abend noch 😉
Liebe Huda… Deine Rezepte helfen gegen das Heimweh meines „Gastsohnes“… und dafür danke ich Dir von Herzen!!!!
unglaublich gut geschrieben… =)
Schön geschriebener Beitrag und witziges Ende. Ich habe es mal umgekehrt gemacht: Auf die Frage, woher ich denn komme, habe ich geantwortet: „Ich komme gerade von meiner Mama, bin am Heimweg in meine Wohnung!“ 🙂 #awkwardsilence