Nizar Qabbani – Biographie
Der syrische Dichter Nizar Qabbani gehört zu den bekanntesten und wichtigsten modernen arabischen Dichtern. Nizar Qabbani ist besonders bekannt für seine Liebesdichtung, aber auch für seine politischen Werke und da er einer meiner Lieblingsdichter ist und ich sehr oft seine Gedichte zitiere, kommt endlich wie versprochen seine Biographie.
Sein Privatleben
Nizar Qabbani wurde 1923 in Damaskus, Syrien geboren. Er hatte eine Schwester, sowie drei Brüder. Während des französischen Mandates über Syrien unterstützte Nizar Qabbanis Vater die syrische Widerstandsbewegung und wurde oft für seine Anschauungen ins Gefängnis gesperrt. Durch seine revolutionistischen Aktivitäten übte er einen großen Einfluss auf seinen Sohn aus. Als Nizar Qabbani 15 Jahre alt war, beging seine 25-jährige Schwester Sebstmord, weil sie ihre große Liebe nicht heiraten konnte. Während der Beerdigung formte sich in ihm der Wille, die sozialen Misstände zu bekämpfen, die zum Tod seiner Schwester geführt hatten.
Qabbani heiratete zweimal – zuerst seine Cousine Zahra, mit der er eine Tochter und einen Sohn hatte. Sein Sohn starb mit 17 an einem Herzinfarkt. Später heiratete er die Iraqerin Balqis ar-Rawi. Zusammen hatten sie einen Sohn und eine Tochter. Balqis kam 1982 im libanesischen Bürgerkrieg in einer Autobombenattacke auf die irakische Botschaft ums Leben. Qabbani litt sehr unter dem Tod seiner geliebten Frau. Er drückte seine Frustration im Gedicht Balqis aus, in dem er die ganze arabische Welt für ihren Tod verantwortlich macht.
Seine beurfliche Laufbahn und der Beginn seiner Dichtung
Qabbani studierte Jura an der syrischen Universität in Damaskus. In dieser Zeit verfasste er sein erstes Gedicht „Die Brünette hat mir erzählt“ (1945). Diese Sammlung romantischer Verse schockte das konversative Damaskus durch die Bezüge auf den weiblichen Körper. Dem Erziehungsminister Munir al-Ajlani, ein Freund seines Vaters und nationalistischer Führer in Syrien, gefiel das Gedicht allerdings – er schrieb später auch das Vorwort für das erste Buch des syrischen Dichters, Kindheit einer Brust, das 1947 veröffentlicht wurde. Themen waren unter anderem Erotik und Homosexualität.
„Ich bin der Gründer der ersten Republik der Poesie, deren Bewohner mehrheitlich aus Frauen bestehen.“ Dieses Zitat kombiniert drei Hauptaspekte der Lyrik von Nizar Qabbani und zwar Liebe, Erotik und Gender.
Nach seinem Universitätsabschluss arbeitete er als Konsul in Städten wie Beirut, Kairo und Madrid. 1959 war er unter der Vereinigten Arabischen Republik (ein Zusammschluss von Syrien und Ägypten) Vizesekretär der Botschaften in China. 1966 legte er seine Ämter nieder und gründete in der Zwischenzeit in Beirut ein Verlagshaus. Er schrieb weitere Gedichte, in denen er soziale Missstände anprangerte. Besonders die Stellung der arabischen Frau kritisierte er wiederholt und forderte sie zur Revolution auf in dem er in einer seiner Gedichte sagte: „Revoltiere, denn die Revolution ist weiblich.“
Auf die Frage, ob er ein Revolutionär sei, antwortete Qabbani: „Die Liebe ist in der arabischen Welt eine Gefangene, die ich befreien möchte. Ich möchte die arabische Seele, das Gefühl und den Körper mit meiner Dichtung befreien. Die Beziehungen zwischen Männern und Frauen in unserer Gesellschaft sind nicht gesund.“ Nizar war einer der feministischsten und progessivsten Intellektuellen seiner Zeit.
Nach der Niederlage 1967 kritisiert er sehr stark die arabische Unterlegenheit. Qabbani kritisierte die arabischen Herrscher, dass sie den Arabern keine Chance gegeben hatten, sich frei zu äußern und spontan in einer freien Gesellschaft zu handeln.
Aufgrund der Zensur der Presse war es Qabbani nicht möglich, alle Missstände oder gar das Regime öffentlich anzuklagen. Im Gedicht „Der Sultan“ beschuldigt er die arabischen Herrscher an, Schuld an den militärischen Niederlagen zu sein, dem Volk nicht erlaubt wird, sich frei zu äußern. Einige seiner politischen Gedichte wurden in Syrien und Ägypten verboten.
Nach dem Tod seiner geliebten Ehefrau Balqis, lebte er in Europa und ließ sich in London nieder, wo er die letzten 15 Jahre seines Lebens verbrachte. 1997 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand. Am 30.4.1998 starb er. Auf seinen Wunsch hin wurde er in Damaskus begraben.
Sein Schreibstil
Generationen von Arabern waren von seinen sinnlichen und romantischen Versen begeistert. Dies verdankt er nicht zuletzt seinem Schreibstil. Qabbani benutzte Alltagssprache, sodass seine Dichtung von allen Gesellschaftsschichten verstanden wurde und zum Teil auch eine sehr drastische Ausdrucksweise. Seine Sprache ist oft eine Mischung aus Hocharabisch und Umgangssprache. Qabbanis Schreibstil unterscheidet sich stark von der traditionellen Dichtkunst. Traditionelle Gedichte haben eine feste Struktur, was sowohl die äußere Form als auch den Inhalt betrifft. Jeder Vers besteht aus zwei Teilen, es gibt ein fest vorgeschriebenes Metrum und im ganzen Gedicht eine einzige Reimendung. Allerdings reimt es sich im Arabischen auch leichter, da die Gleichheit des letzten Buchstabens schon als Reim gilt, unabhängig von der ganzen Silbe.
Immer wieder finden sich Anspielungen auf arabische Helden, zum Beispiel ‚Antarah Ibn Shaddād al-‚Absī, ein arabischer Held aus dem 6. Jahrhundert, der für seine Dichtkunst bekannt war.
Auch benutzt er große Namen aus der Prophetentradition und aus der Geschichte wie Usama ibn Munqidh, ‚Omar* und Hamza*
oder Mu’tasim Billah* (Gedicht „Ich bin für Terrorismus“).
*Omar: Dritter rechtgeleiteter Kalif (Herrschaft von 632-46)
*Hamza: Onkel von Mohammed, einer der ersten Muslims (um 600)
*Mu’tasim Billah: Abbassidenkalif (*794,+842), Sohn von Harun ar-Raschid.
Seine Werke
Einige seiner Gedichte und Poesiebände:
Kindheit einer Brust (1948)
Samba (1949)
Du gehörst mir (1950)
Gedichte (1956)
Meine Geliebte (1961)
Buch der Liebe (1970)
100 Liebesbriefe (1970)
Gedichte gegen das Gesetz (1972)
Worte
Kette aus Jasmin
Mit einer Zeitung
Wörterbuch für einen Liebhaber (1981)
Die Liebe hält nicht bei rot (1985)
Beirut brennt und ich liebe dich
Granada
Eine Goldverzierung auf einem Damaszener Schwert
Ich bin, meine Vertraute, überdrüssig, ein Araber zu sein
Randbemerkungen zum Tagebuch einer Niederlage
Brief einer dummen Frau
Das Gesicht Qanas
Ich bin für Terrorismus
Lieder und Verfilmung
Viele Gedichte von Nizar Qabbani wurden von bekannten Sänger wie Abdelhalim Hafiz, Kazem Alsaher und Majida Arroumie gesungen. 2005 wurde eine syrische Telenovela zu Nizar Qabbanis Leben gedreht, welche große Beliebtheit und Zuspruch in der arabischen Welt fand.
Von mir übersetzte Gedichte und Zitate von Nizar Qabbani
- Versuche eine Frau umzubringen, die sich nicht töten lässt
- Als ich dir meine Liebe gestand – Nizar Qabbani
- Nizar Qabani – شؤون صغيرة – Kleine Dinge
- هذي دمشق – Dies ist Damaskus
- Herbstgedicht von Nizar Qabbani
[…] Nizar Qabani […]
[…] eine Erklärung?„ Dieser Vers, stammt aus dem Gedicht „Hathi Dimashqi“ von Nizar Qabbani Hier könnt ihr es euch […]
[…] Von Nizar Qabbani […]
[…] kleiner Ausschnitt aus dem Gedicht „Shu’un Saghira -Kleine Dinge“ von Nizar Qabani وحين نكون معا في الطريق وتأخذ – من غير قصد – […]
“ Zur Haya(Scham, Schamhaftigkeit) des Muslims gehört es auch, dass er keine anstößigen Bemerkungen macht. Dabei sollte ihn die Haya des Erhabenen Allah als Vorbild genügen. Dieser spricht im edlen Quran sexuelle Angelegenheiten nie offen an, sondern verschlüsselt diese. So gehört es zum guten Benehmen des Muslims, dass dieser in der Öffentlichkeit nicht über seine Familie und schon garnicht über seine eigene Sexualität oder Themen anstößigen Inhalts spricht.
..Wenn hingegen erst einmal die Haya innerhalb einer Gesellschaft verlorengegangen ist, dann schämen sich die Menschen weder vor dem Erhabenen Allah noch vor den anderen Menschen und dann sind der Sittenlosigkeit und dem Verfall der Gesellschaft Tür und Tor geöffnet.“ (Zitat vom Nov. 2015)
Zu dem homosexuellen Volk vom Propheten Lut (Fiede sei mit ihm), das sich nicht ermahnen ließ, steht im Edlen Koran: “ 82. Als nun Unser Befehl eintraf, da kehrten Wir in dieser (Stadt) das Oberste zuunterst und ließen auf sie Backsteine niedergehen Schicht auf Schicht,
83. Gezeichnet (für sie) bei deinem Herrn. Und das ist nicht fern von den Frevlern.“ (11/82-83)
Vielen Dank für die Kurzbiografie und die Übersetzungen. Die Gedichte haben mir sehr gefallen, obwohl auch vieles darin ist, was man vielleicht nur verstehen kann, wenn man mit der Kultur besser vertraut ist? Ich fände es schön, wenn sich eines Tages ein Verlag für eine Veröffentlichung dieser Biografie mit den Gedichten fände, und westlichen LeserInnen nicht bekannte Anspielungen/Symbole/ etc könnten vielleicht in Fußnoten erklärt werden..